Wie lebendig wird die Umsetzung der OER-Strategie?

Die Umsetzung der OER-Strategie (Open Educational Resources, kurz: OER) steht in den Startlöchern. Die Stärkung von Initiativen und Akteur*innen der Community wird im Zentrum der ersten Förderrichtlinie stehen. Wir begrüßen diesen nächsten Schritt seitens der Bundesregierung und werden unsere praxisnahe Expertise in diesem Jahr aktiv in die Ausgestaltung des Handlungsfeldes einbringen. Unser Ziel ist es, Bildung langfristig und nachhaltig im Sinne zeitgemäßer, offener Bildung für alle Menschen zu verbessern, daher hat die konsequente und begleitende Umsetzung der OER-Strategie unsererseits oberste Priorität.

Deshalb setzen wir unsere bildungspolitische Arbeit auch in diesem Jahr fort und spitzen diese im Herbst mit einer Auftaktveranstaltung zum Forum Open Education zu, welche die Anschlussfähigkeit freier, offener Bildung für die Praxis auf Basis vorhandener Strategiepapiere, bestehender Konzepte und Ideen, mit politischer Schwungkraft in die Öffentlichkeit zurück und über 2023 hinaus in die Umsetzung bringen soll.

Wie offen schreiten wir künftig genau zur Förderung zeitgemäßer und offener Bildung mit Blick auf unsere Aktivitäten, in 2023 und darüber hinaus, voran?

Umsetzung der OER-Strategie

Im Frühjahr 2023 wurde die Projektträgerschaft „Offene Bildungsmedien und digitale Lernräume“ ausgeschrieben, die ab April starten soll. Im Zuge dieser Veröffentlichung wurde die Gründung eines beratenden Expert*innengremiums angekündigt. Wir haben bei den damit verbundenen Planung der Bundesregierung signalisiert, dass wir als Bündnis Teil dieses Gremiums werden wollen.

Mit der Veröffentlichung einer Förderrichtlinie zur Umsetzung der OER-Strategie ist im zweiten Quartal 2023 zu rechnen, über die näher auf der eQualification im Mai berichtet werden wird. Im Fokus steht dabei das Handlungsfeld zur Community-Förderung. Das Bündnis begrüßt diesen potentiellen nächsten Entwicklungsschritt und setzt auf die angekündigte Lebendigkeit der OER-Strategie, der jetzt Taten hin zur Umsetzung folgen müssen. Die vertiefende Arbeit zur OER-Strategie ist durch die Community beim OERcamp im Oktober 2022 in Hamburg erfolgt. Seither herrscht Stille. Die Antworten auf diese Kleine Anfrage werden uns u.a. Anlass geben, wie wir uns in den nächsten Wochen und Monaten zu involvieren haben, um uns für unsere Anliegen stark zu machen.

Auftakt für ein neues Forum Open Education

Weiterhin werden wir unsere bildungspolitischen Anliegen zur Förderung zeitgemäßer, offener Bildung an die Bildungspolitik kommunizieren, beraten und im Herbst den Startschuss für eine abgewandelte Variante des Forums Open Education geben, die im Jahr 2024 fortgesetzt wird. Bei der thematischen Ausrichtung des Forums werden wir uns übergeordnet an dem Kompass bildungspolitischer Krisenmodi orientieren und unsere Projekte und Empfehlungen mit entscheidungstragenden Bildungspolitiker*innen auf Bundes- und Landesebene für die Umsetzung in die Praxis konkretisieren und weiterdenken, um tragfähige Wege aus der Bildungskrise zu formulieren.

Nationale Bildungsplattform begleiten

Mit der Nationalen Bildungsplattform, verstanden als Digitale Vernetzungsinfrastruktur Bildung, plant die Bundesregierung, Lernende und Lehrende über eine digitale Infrastruktur zu vernetzen und bestehende Bildungsangebote bundesweit verfügbar zu machen. Inwieweit werden dabei OER und Open Educational Practices (OEP) einbezogen? Welche Rolle spielt Open Source (z. B. beim Code der Nationalen Bildungsplattform, Produktentwicklung)? Wie soll eine solide Auffindbarkeit von freien Inhalten ermöglicht werden?

Neben diesen und weiteren Fragen (siehe Kleine Anfrage), möchten wir sicherstellen, dass Bildung mithilfe der Nationalen Bildungsplattform offen, inklusiv, kollaborativ, leicht verständlich und zukunftsfähig gestaltet werden kann. Dazu braucht es Transparenz, Mut und den Willen seitens der Politik, mit Expert*innen aus Gesellschaft und Praxis in einen konstruktiven Arbeitsaustausch zu gehen, um Bildung in Deutschland effizient und nachhaltig verbessern zu können.

Offenheitskompetenzen

Eine zeitgemäße Bildung zielt darauf, dass nicht nur Lernende, sondern auch Lehrende Kompetenzen für das Leben und das lebensbegleitende Lernen in der digitalen Welt entwickeln. Orientierung dafür bieten verschiedene Kompetenzrahmen, u.a. der KMK. Diese behandeln bisher jedoch eher implizit Kompetenzfacetten, die im Kontext von Open Education im Allgemein und OER im Besonderen von Bedeutung sind und unter Lehrenden sowie Lernenden entwickelt und gefördert werden sollten. Um diese Lücke zu schließen, entwickeln Mitglieder des Bündnisses Freie Bildung das Modell der Offenheitskompetenzen für Lernende und Lehrende, das anschlussfähig an bestehende Kompetenzrahmen aus verschiedenen Bildungsbereichen ist.

Das Konzept für Offenheitskompetenzen soll weiterentwickelt und für die Praxis anwendbar gemacht werden. Es versteht sich als Ergänzung zu bestehenden Medienkompetenzmodellen. Bisher ist das Modell in der ersten Entwicklungsstufe stark am Bildungsbereich Schule orientiert. Ziel ist es, das Modell für weitere Bildungsbereiche bedarfsgerecht zu erweitern und anwendbar zu machen sowie operationalisierbar für die Praxis und konkrete Unterstützungs- und Fortbildungsangebote werden zu lassen.

Wissensvermittlung zu OER stärken

Die Basisarbeit zu OER soll gestärkt werden, das bedeutet, wir möchten konkret die Wissensvermittlung, inklusive Anwendungsbeispiele, zu OER voranbringen. Ziel ist es, niedrigschwellig und leicht verständlich, den Mehrwert von OER für Lernende und Lehrende zu erläutern. Wie erreichen wir die Menschen in der Bildungspraxis und schaffen gleichzeitig Akzeptanz für OER? Wir möchten Wege der Sensibilisierung für das Thema entwickeln, die zielgruppenspezifisch nützlich und geteilt werden können. Zielgruppen sollen durch ein bis drei Maßnahmen die Relevanz des Themas nahe gebracht werden. Diese Aktivität soll zu Synergien mit Landesinitiativen führen, die seit Jahren im engen Austausch mit Lehrenden und Studierenden praxisnahe Lösungen entwickelt haben und immer weiterentwickeln.

Mach-mit-Kampagne: OER besser auffindbar machen

OER müssen zwischen Institutionen und Ländern noch leichter austauschbar und noch besser auffindbar werden. Denn werden OER zentral erschlossen und können in Redaktionsumgebungen gepflegt werden, können sie für Zielgruppen als kuratierte Sammlungen bereitgestellt werden. Zudem gehen sie auf diesem Weg in die jährlich von WirLernenOnline zusammengestellte OERde-Statistik ein.

Dies alles ist Ergebnis – nicht zuletzt unserer – bisherigen Arbeit. Konzepte und Prototypen entwickelten wir schon rund um das 1. OER-Förderprogramm des BMBF. JOINTLY, OERsi, WirLernenOnline und andere Projekte setzten einige der Konzepte um. Über die DINI-AG “OER-Metadaten” vernetzten wir Akteur*innen und treiben seither OER-Metadaten-Themen in Deutschland voran. 2022 brachte WirLernenOnline die erste deutsche OER-Statistik heraus. Viele dieser Aktivitäten wurden von der Community gegründet und vorangetrieben.

Das werden wir weiter ausbauen – mit einer konzertierten Kampagne der Akteur*innen:
“Mach mit! Bringt Eure OER in Bildungssuchmaschinen und die OERde-Statistik.”

Begleitet wird die Kampagne von

  • einer Wiederauflage der OERde-Statistik
  • Bewerbung der Link-Meldefunktion für OER
  • Handreichungen, wie Anbieter ihre OER erschließbar und auffindbar machen können
  • Publikationen zu relevanten Standards, Datenformaten, Austauschschnittstellen
  • der Bereitstellung von Material und Vorlagen zur Mach-Mit-Kampagne

Dafür wird ein Kooperationsnetzwerk aus vorhandenen Vernetzungsakteur*innen (u.a. OERinfo, WirLernenOnline.de, KNOERR, AG OER-Repo, ITs.JOINTLY.info, NeL) ausgebaut und von der DINI-OER-Metadaten-AG und WirLernenOnline koordiniert.

WirLernenOnline (WLO) – die Community trainiert KI und verbreitet kuratierte OER

WirLernenOnline wurde mit Pandemiebeginn im Bündnis Freie Bildung gegründet, um geschlossene Schulen mit Freien Bildungsmaterialien zu versorgen. Heute wird das Projekt von einem Beirat und dem Bündnis begleitet. Community-basierte Redaktionen stellen zu Fächern und Lehrplanthemen kuratierte Sammlungen zusammen. WLO-Fachredaktionen betreuen sogenannte Fachportale und Themenseiten, welche die weböffentliche Repräsentation der kuratierten Content-Bestände darstellen. Parallel zu den gemeinsamen Fachredaktionen können sogenannte Community-Redaktionen eine Community-Umgebung nutzen, um zu einem spezifischen Thema oder Bereich Inhalte zu sammeln, zu erstellen und zu verbreiten. WLO verbreitet die entstehenden Inhalte im Bildungsbereich, z. B. auf Lernplattformen oder Schulportalen der Länder.

Aktuell erweitert das Projekt BMBF-gefördert die Inhalte-Erschließung und die Unterstützung von Redaktionen. Während bisher nur einzelne Akteur*nnen eine Redaktionsumgebung erhielten oder ihre Content-Angebote für Bildungssuchmaschinen erschließen lassen konnten, soll dies künftig “von der Stange” möglich werden. Dafür werden Erschließungsprozesse KI-basiert automatisiert. Analog wird die Open-Source-Redaktionsumgebung verbessert und die Entwicklungsergebnisse gehen via edu-sharing Softwareupdates in Instanzen von zehn Bundesländern, Österreich und der Schweiz ein. Jede*r Akteur*in soll künftig eine eigene Instanz betreiben und an ein Bildungsnetzwerk anschließen können. Das Projekt setzt dafür bestehende Standards, Datenformate und Schnittstellen, z. B. zur Nationalen Bildungsplattform um. Gemeinsam mit anderen Vernetzungsakteur*innen soll so ein Netzwerk der Redaktionen und OER-Erschließenden aufgebaut werden.

WLO wird die Aktivität der DINI-AG OER-Metadaten unterstützen und ein Update der OERde-Statistik mit erarbeiten und eine “Mach-mit”-Aktivität unterstützen, in der Akteure angeregt und informiert werden “Mach mit! Bringt Eure OER in Bildungssuchmaschinen und die OERde-Statistik.”.

OER World Map – Übersicht zu OER

Die OER World Map ist in der Community als wichtiger Baustein zur Erfassung von OER-Projekten und -Akteur*innen etabliert. Sie soll bis März 2024 wieder in OERinfo eingegliedert und die Erstellung und Bearbeitung der Daten vereinfacht werden. In der ersten Phase des Integrationsprozesses liegt der Fokus auf der Aktualisierung der Datenbasis für den deutschsprachigen Raum: Über „Edit-a-thons“ wird die OER-Community aufgerufen, ihre Aktivitäten in die OER World Map einzupflegen.

Perspektivisch ist mit der Einbindung der OER World Map auch die internationale Vernetzung und die Sicherstellung der Anschlussfähigkeit der deutschsprachigen OER-Community an den internationalen Diskurs vorgesehen.

Als Bündnis begrüßen und unterstützen wir diese Initiative, die OER World Map in ihrem Vorhaben, OER-Projekte und Akteur*innen sichtbar und strukturiert auffindbar zu machen. Damit verbunden sehen wir auch die Chancen und Möglichkeiten, uns international zu vernetzen und Community-Netzwerke weiter auszubauen.

Unser abschließendes Statement

Wir betonen erneut, dass wir mit der Umsetzung der OER-Strategie den nächsten unerlässlichen Schritt gehen müssen, um eine neue Ära zeitgemäßer, offener Bildung einzuläuten, die OER und OEP als Ausdruck des als Grundrecht verbrieften Rechts auf lebensbegleitende Bildung  in der jeweiligen Bildungspraxis verankern wird. Eine Grundfinanzierung von OER muss langfristig vorgesehen sein, damit Bildung nicht nur punktuell, sondern systematisch und nachhaltig verbessert werden kann. Wir verstehen Bildung als Menschenrecht und setzen uns für die Durchsetzung dieses Rechts ein. Bildung soll zugänglich, partizipativ und demokratisch sein, sodass alle Menschen sich aktiv in die Gesellschaft einbringen können. Unsere Aktivitäten tragen dazu bei, genau an diesen Punkten wesentliche Akzente zu setzen und einen Unterschied zu machen, sodass wir nicht nur die Community stärken, sondern auch dafür sorgen, dass wir offene Bildung in der täglichen Praxis als unentbehrlich verankern und salonfähig machen.

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