Bundesweite OER-Strategie: Drei Gründe, warum sie jetzt gebraucht wird.

In der vergangenen Woche betonte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger die Bedeutung von Open Educational Resources (kurz: OER) für die Zukunft von Bildung in der digitalen Welt bei der DigitalPakt Schule Statuskonferenz 2022 und sicherte ihre Unterstützung bei der Förderung freier Bildungsmaterialien zu. Das Bündnis Freie Bildung begrüßt dies sehr: Wir sehen uns in unserem Auftrag bestärkt, offene und zeitgemäße Bildung weiterhin einzufordern, voranzutreiben und damit den bildungspolitischen Diskurs mit zu gestalten.

Was weiterhin fehlt, obwohl schon seit einem Jahr angekündigt? Die OER-Strategie der Bundesregierung. Ein wegweisender Pfad, der Bildungspraktiker*innen, Bildungspolitiker*innen, Förderer und Interessierte darüber informiert, wie OER breitflächig Eingang in die Praxis finden und nachhaltig gelingen kann. Wir haben drei Gründe formuliert, warum die Veröffentlichung der bundesweiten OER-Strategie nicht länger warten kann und jetzt gebraucht wird.

Drei Gründe, warum die OER-Strategie jetzt gebraucht wird:

1. Freie Bildung fördern: Was öffentlich finanziert wird, muss öffentlich zugänglich sein

Bildungsmaterialien sollen standardmäßig als OER Eingang in die Bildungspraxis finden, denn was öffentlich finanziert wird, muss öffentlich zugänglich sein. Dafür müssen Rahmenbedingungen auf bildungspolitischer Ebene geschaffen werden, die diesen offenen Zugang zu Bildung ermöglichen. Gleichzeitig gilt es, die Arbeit von Lehrenden hinsichtlich Erstellung, Anpassung und Weiterverbreitung von OER zu stützen, um offene Bildungspraktiken zu fördern (z. B. über freie Lerninhalte, Methoden und Tools via WirLernenOnline).

2. OER in nationaler Bildungspolitik und -praxis verankern

Das Vorhaben zur Entwicklung einer Nationalen Bildungsplattform (NBP) läuft, jedoch ohne sichtbaren Fokus auf OER. Damit bleibt eine große Chance bisher ungenutzt, die Vorteile von OER für Lernen und Lehren wahrzunehmen. Die Förderung von Vorhaben und Projekten rund um offene Bildung und Open Source würden den digitalen Bildungsraum, der von der NBP aufgespannt und erschlossen werden soll, beleben und bereichern. Nur um einige Vorteile zu benennen:

  • Den allgemeinen Wandel in der Kultur der Anwendung von offenen Materialien zu fördern
  • Bildungsungerechtigkeit verringern (z. B. durch Anpassbarkeit von Material an spezifische Lernanforderungen)
  • Professionalität von Lehrpersonen und kulturelle Praktiken stärken, die gesellschaftlich relevant sind (z. B. Kollaboration)
  • Freie Zugänglichkeit zu Bildungsangeboten, “Bildung für alle”

Die UNESCO, Europäische Kommission und andere nationale Organisationen befürworten seit Jahren OER für nachhaltiges Lehren und Lernen in der digitalen Welt. Sogar die Bundesregierung selbst betont die Bedeutung von OER im Koalitionsvertrag. Es ist an der Zeit, dass OER auch stärker in nationaler Bildungspolitik und -praxis in Deutschland verankert und umgesetzt wird.

3. Bildung in der digitalen Welt: OER als Bildungsstandard

Es gibt bisher keine nachhaltigen Finanzierungsoptionen für OER und deren Infrastrukturen, obwohl vielseitige erprobte Praxisbeispiele zeigen, welches Potential und welchen Wert OER als Bildungsstandard für Lehrende und Lernende haben können, insbesondere über Bundeslandgrenzen hinweg. Das muss sich jetzt ändern. Es müssen endlich öffentlich geförderte Projekte grundsätzlich ihre Materialien standardmäßig frei zugänglich machen. Und es müssen Finanzierungsstrukturen geschaffen werden, die perspektivisch eine nachhaltige Etablierung von offenen Bildungspraktiken in die Bildungspraxis erlauben und unterstützen.

In den letzten Jahren haben wir als Bündnis Freie Bildung viele Vorschläge gemacht, wie OER in Deutschland endlich Fuß fassen kann. Im September 2020 hat das Bündnis Freie Bildung einen umfassenden Vorschlag für die Strategie ausgearbeitet. In darauf aufbauenden Konsultationsprozessen und Expert*innen-Gesprächen, haben wir in der Zwischenzeit Empfehlungen für eine OER-Strategie formuliert. Die Stellungnahmen, Gespräche und die Teilnahme an runden Tischen sollen nicht umsonst gewesen sein. Wir fordern eine OER-Strategie jetzt und erwarten eine angemessene Ausstattung des zugehörigen Haushaltspostens. Jetzt müssen den Absichtserklärungen endlich Taten folgen!

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