Gastbeitrag von Bernd Fiedler (Projektmanager Politik, Wikimedia Deutschland e.V.)
Im Februar reichte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag einen Antrag mit dem Titel “Offen für die Zukunft – Offene Standards für eine gerechte und gemeinwohlorientierte Gestaltung der Digitalisierung nutzen” ein, der jetzt in den Innenausschuss überwiesen wurde.
Transparenz und Zugang
Die Fraktion fordert mit ihrem Antrag die Bundesregierung unter anderem dazu auf, Open Government und Open Data voranzutreiben. Dies umfasse auch ein zweites Open-Data– oder Transparenz-Gesetz. Ein weiteres Augenmerk legt die Fraktion auf das Thema “amtliche Werke” und betont, wie auch schon Wikimedia Deutschland im Rahmen der Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2017, die Wichtigkeit des Zugangs zu öffentlich finanzierten Inhalten.
Wir stimmen hier mit der Antragstellerin überein und sehen klare Teilhaberechte der Bürgerinnen und Bürger an staatlicherseits erzeugten Inhalten – von amtlichen Werken über Inhalte, die derzeit von IFG und IWG erfasst werden, Archivinhalte, öffentlich beauftragte Softwarelösungen, digitalisierte Bestände der Gedächtnisinstitutionen bis zu Eigenproduktionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Hierzu arbeiten wir auch direkt mit der Wikipedia-Community zusammen.
Offene Standards
Die Fraktion schreibt: “Offene Standards sind auch für das Innovationspotenzial neuer Technologien essentiell, auch um im internationalen Wettbewerb nicht von geschlossenen Ökosystemen abhängig zu sein.” Einen ähnlichen Ansatz fährt die SPD mit ihrem Entwurf zum “Daten-für-Alle-Gesetz”. Die Richtung stimmt: Damit jeder und jede von den (nicht personenbezogenen) Datenschätzen profitieren kann, muss insbesondere die Verwaltung mit gutem Beispiel und offenen Schnittstellen vorangehen – aber der Gesetzgeber auch Privatunternehmen zur Interoperabilität verpflichten können. Wir alle profitieren von dem Wissen und den Daten, die uns allen zur Verfügung stehen, die wir aufbereiten und teilen können. Mit Wikidata schafft das Wikimedia Movement schon heute eine Infrastruktur dafür und gestaltet offene Standards aktiv mit.
Open Educational Resources
“Der offene Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen und anderen Dokumenten, also urheberrechtlich geschützten Werken für Forschung und Lehre an Hochschulen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen, nutzen zu können und mehr mit offenen Lizenzen versehene Lehrmittel (Open Educational Resources) in der Bildung einsetzen zu können, sind Voraussetzung dafür, die digitalen Potenziale für Bildung und Forschung nutzen zu können. Freie Bildungsmaterialien fördern partizipative Bildungsprozesse und erleichtern die Teilhabe aller an Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung.”, heißt es in dem Antrag. Dem können wir vollumfänglich zustimmen.
Im September 2018 hakte auch die FDP-Fraktion mit einer Kleinen Anfrage nach: Würde im “Digitalpakt Schule” auch die Nutzung, die Erstellung und Weiterverbreitung von OER gefördert werden? Schließlich hatte die Große Koalition im Bund im Koalitionsvertrag „eine umfassende Open-Educational-Resources-Strategie“ vereinbart, die „die Entstehung und Verfügbarkeit, die Weiterverbreitung und den didaktisch fundierten Einsatz offen lizenzierter, frei zugänglicher Lehr- und Lernmaterialien“ fördert und „geeignete Qualitätssicherung“ etabliert. Antwort: Leider nein. Wenigstens die Oppositionsfraktionen bleiben weiter dran, so auch die Fraktion DIE LINKE und einzelne Mitglieder auch der Regierungsfraktionen.
Aktuell ist aber deutlich mehr drin und der Deutsche Bundestag täte gut daran, die Regierung sachdienlich, aber unüberhörbar darauf hinzuweisen, schließlich können Freie Bildungsmaterialien einen Beitrag dazu leisten, dem gesamtgesellschaftlichen Ziel der Bildungsgerechtigkeit näher zu kommen.