Offener Brief zur Implementierung von Freier Bildung in der Hessischen Bildungslandschaft
Ein Beitrag von: Bernd Fiedler, Jane Brückner, André Hermes, Christian Friedrich, Lisa Dittmer, Bernd Krämer, Dominik Theis
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir wünschen Ihnen bei den Koalitionsverhandlungen viel Erfolg und hoffen, dass Sie gute Konzepte für Bildungsgerechtigkeit im Land Hessen in der laufenden Legislatur und darüber hinaus entwickeln werden. Oft werden Kompromisse nötig sein; bei einem Thema jedoch konnten wir durch unseren Digital-O-Maten schon vorab große Übereinstimmungen mit Ihren Programmen finden. Bitte legen Sie ein besonderes Augenmerk auf die Lehrkräftequalifizierung und die Entwicklung von Unterricht und Unterrichtsmaterial in Hessen, gerade auch mit Blick auf freie Bildungsmaterialien (OER), um offen und fortschrittlich in der aktuellen Bildungsdebatte agieren zu können.
Das Bündnis Freie Bildung sieht bereits viel Potenzial in den bisherigen Maßnahmen und Vorhaben Ihrer Parteien und beteiligt sich gerne an der Diskussion zur zeitgemäßen Bildung im Land Hessen:
OER in Ausbildung und Fortbildung
Bereits jetzt hat das Land Hessen den Wert von Open Educational Resources für die tägliche Unterrichtspraxis erkannt und stellt verschiedene Fortbildungsangebote zu OER für Lehrkräfte zur Verfügung. Auch der Hessische Volkshochschulverband wird hier tätig.
In der Antwort auf unsere Wahlprüfsteine im Digital-O-Mat heißt es hierzu von der CDU: „Wir befürworten die derzeitige Praxis der Lehrkräftequalifizierung im Umgang mit neuen Medien. Die Anforderungen der digitalen Welt erfordern eine besondere Qualifizierung der Lehrkräfte zum Aufbau digitaler Kompetenzen.” Digitale Kompetenzen können insbesondere mit der konsequenten Verwendung von OER erworben werden. Deshalb sollten offene Praktiken und OER im Unterricht verstärkt dafür genutzt werden.
Der Unterricht der Zukunft mit freien Bildungsmaterialien
Ein souveräner Umgang mit freien Bildungsmaterialien – und eben auch die Erstellung von Material – sollte unbedingt vom Land Hessen gefördert werden. In den Fortbildungsinstitutionen ist das Wissen längst vorhanden, das in der neuen Koalition gesichert und gefördert werden kann. Kostengünstig können Lehrerinnen, Lehrer und Verlage frei lizenzierte Ressourcen nutzen, die für den digital gestützten Unterricht der Zukunft notwendig sind. Dies beschleunigt die Weiterentwicklung von Unterricht; im Wahlprogramm der Partei Die Grünen heißt es hierzu: „Die Ausbildung muss laufend den Veränderungen unserer digitalen Welt angepasst werden.” Die Förderung einer systematischen Nutzung von OER beschleunigt in der Lehrerinnen- und Lehreraus- und Fortbildung diesen Prozess. Sie unterstützt den Kompetenzerwerb und bringt neue Anwendungsmöglichkeiten in die Klassenzimmer. Wo die Technik bereit steht, dürfen die Inhalte und die Praxis nicht hinterherhinken.
Das Land Hessen hat jetzt die Chance, dies zu unterstützen. Weiterführend sollte darauf hingewirkt werden, dass alle Bildungsmaterialien, die aus öffentlichen Mitteln (ko-)finanziert werden, standardmäßig als Open Educational Resources (OER) freigegeben sowie in offenen Formaten bereitgestellt werden, um so auch für Dritte nutzbar zu sein.
Vorrang für freie Software
Die CDU in Hessen gibt sich zurückhaltend und legt Wert auf Qualität und Funktionalität. Sie stellt aber in ihrer Antwort zum Digital-O-Mat fest: „OER dürfen im ergänzenden Bereich, für den kein Zulassungsverfahren erforderlich ist, im Rahmen der rechtlichen Regelungen genutzt werden.”. Ergänzend aus dem Wahlprogramm der Grünen in Hessen: „Digitales Lernen muss für alle zugänglich sein, es braucht klare Sponsoringregeln und freier Software ist Vorrang zu geben.”
Damit einhergehend betont die Partei zudem: „Mit den sich ändernden Anforderungen an das System Schule als Ganzes ändern sich folglich die Anforderungen an die Lehrer*innen.” Nicht nur an deren Lernbereitschaft hängt die Zukunft der Bildung in Hessen – auch die Koalierenden müssen jetzt zeigen, ob sie ihre Themen und Methoden den seit 2014 veränderten Rahmenbedingungen anpassen können. Sie haben in ihren Programmen und Antworten bereits gute Ansätze gezeigt und im Kultusministerium Programme aufgesetzt, die konsequent weiterentwickelt werden können, um auch Hessens Bildung mit digitalen Mitteln aktiv zu gestalten und nicht Entwicklungen nur hinterherzulaufen.
Wir wünschen uns daher ein klares Bekenntnis der Koalition zu Bildungsgerechtigkeit, Qualitätssicherung und die Stärkung von digitalen Kompetenzen explizit auch durch den Einsatz von Freien Bildungsmaterialien (OER).
Leichte Verfügbarkeit von Wissen
Digitalisierung soll zur leichteren Verfügbarkeit von Wissen führen, schreiben die Grünen in ihrem Wahlprogramm und heben die Chancen von Open Access hervor: „schnellere Auffindbarkeit, erhöhte Sichtbarkeit, neue Kooperationsmöglichkeiten sowie gesteigerte Forschungseffizienz”. Zu der Fahrt, die das Thema Open Access auch schon bundesweit aufgenommen hat, kann auch das Land Hessen seinen Teil zur Sichtbarkeit der eigenen Forschung beitragen.
Nicht nur Wissenschaft und Forschung können frei und offen sein, auch in der Schule nutzt guter Input allen Beteiligten. Das Land Hessen kann hier Innovationsmotor im bundesweiten Prozess sein. Dazu könnte auch gehören, wie die CDU in ihrer Antwort andeutet, Maßnahmen zur Qualitätsprüfung und -sicherung zu klären, um eine einheitliche Vorgehensweise abzustimmen und den Schulen die Nutzung von OER zu erleichtern.
In allen hier genannten Punkten stehen die Mitglieder des Bündnis Freie Bildung gern für einen transparenten zielorientierten Austausch zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Bündnis Freie Bildung
Lizenzhinweis
„Offener Brief Regierungsbildung Hessen 2018“ vom Bündnis Freie Bildung steht unter der CC-BY-4.0-Lizenz. Für die Nachnutzung reicht als Namensnennung „Bündnis Freie Bildung“. Sofern die Nutzung offline erfolgt, ist an den Hinweis die URL der Lizenz anzufügen: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.
Beitragsbild
Martin Kraft // photo.martinkraft.com, Stadtschloss Wiesbaden, CC BY-SA 3.0
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