Unsere Stellungnahme zu OERContent.nrw 2019: “Produktion von digitalen Lehr-/Lernangeboten für das Landesportal DH-NRW”
Im Rahmen der Digitalisierungsoffensive des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen möchte das Land die Produktion von digitalen Lehr- und Lernangeboten fördern. Die Förderlinie “OERContent.nrw” stelle, laut Angaben des Ministeriums, die Umsetzung und Verbreitung qualitativ anspruchsvoller Konzepte für digitale Lehr-/Lernangebote an den Hochschulen in den Mittelpunkt. Im Fokus stehen hierbei modular konzipierte, bedarfsgerecht kombinierbare und möglichst adaptiv ausgerichtete Angebote.
Contentproduktion
Wir möchten positiv hervorheben, dass “alle im Rahmen dieser Förderlinie entstehenden digitalen Lehr-/Lernangebote unter der Lizenz „CC BY-SA 4.0“, „CC BY 4.0“ oder „CC 0“ im OER-Bereich und im Bereich für die Studierenden des Landesportals DH-NRW eingestellt werden müssen”. Dank ihrer offenen Lizenzierung sind OER ohne rechtliche und technische Hürden verwendbar, veränderbar und teilbar. Außerdem können sie auf die Bedürfnisse der Lernenden leicht angepasst werden, wodurch sich neue, nachhaltige und innovative Möglichkeiten des Lernens und Lehrens, besonders in Hinblick auf die aktuellen Herausforderungen des digitalen Wandels, ermöglichen.
Qualitätskonzept
Das geplante landesweite Onlineportal für Studium und Lehre “Landesportal DH-NRW” werde zukünftig ein Qualitätskonzept erarbeiten, dass die produzierten digitalen Lehr-/Lernangebote einhalten müssen. Diesbezüglich wollen wir noch einmal betonen, dass ein solches Konzept nur mit der nötigen Transparenz und Offenheit funktionieren kann: Lernende und Lehrende sollten am Aushandlungsprozess von Qualität von Bildungsmaterialien teilhaben. Freie Bildungsmaterialien bergen diesbezüglich zudem viel Potenzial, da sich die Qualität durch vielfache Verwendung und Verbesserung stetig erhöht.
Förderungskonzept
Das Ministerium verkündet, dass das Landesportal der Digitalen Hochschule NRW sich an Studierende, Lehrende und Servicemitarbeiterinnen und -mitarbeiter richten und Angebote für alle Phasen des Studiums bereithalten werde. Da sich genanntes Portal noch in der Planungsphase befindet, möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass Software, die im Bereich öffentlicher Bildung eingesetzt wird, grundsätzlich Open-Source sein sollte. Auch die im öffentlichen Auftrag erstellten Materialien sollten nicht nur für die Angehörigen der Institutionen, sondern auch für alle Bürgerinnen und Bürger frei zugänglich und nutzbar sein.
Im Sinne der hochschulübergreifenden Kooperation befürworten wir, dass nur Verbundanträge zugelassen werden. Jedoch ist dies nur ein erster Schritt in die richtige Richtung, da die alleinige Förderung einzelner Projekte nicht unserem Verständnis einer umfassenden Weiterentwicklung und Digitalisierung des Bildungsbereiches entspricht. Wir betonen, dass eine Förderung von Strukturbildung sinnvoller und nachhaltiger ist, als die Unterstützung von konkreten, wenigen Projekten zu Contentproduktion.
Technologieneutralität
Daher begrüßen wir auch “die Interoperabilität mit verschiedenen Lern-Management-Systemen (wie Moodle und Ilias)” als Voraussetzung der geförderten digitalen Lehr-/Lernangebote. Bereits die Vorprojekte der Lernplattform haben stets die Idee einer dezentralen Infrastruktur stark gemacht, was so auch weitergeführt werden sollte. Die Etablierung einer zentralen Plattform für Lehre in Schule oder Hochschule entspräche nämlich weder dem Leitbild von Offenheit und Diversität, noch wäre sie technisch realisierbar.
Wir machen zudem darauf aufmerksam, dass Dateiformate nicht über den Zugriff auf Bildung entscheiden dürfen. Auch das Nutzen eines verbreiteten Metadatenstandards ist wünschenswert, um das Material bei einer eventuell späteren Anbindung an andere OER-Repositorien auch dort zugänglich zu machen.
Offene Fragen bleiben uns hierbei noch hinsichtlich der Mindestanforderung für ein Corporate Design; dieses sollte nach Standards der Offenheit anpassbar gehalten werden.
Fazit
Wir empfinden die Förderlinie als einen Schritt in die richtige Richtung. Die Förderung von Open Educational Resources birgt viel Potenzial, das vor allem in der fortschreitenden Digitalisierung genutzt werden sollte. Daher sollten alle Bildungsmaterialien, die aus öffentlichen Mitteln (ko-)finanziert werden, auch standardmäßig als OER freigegeben, in offenen Formaten bereitgestellt und durch standardisierte Schnittstellen und Metadaten in anderen OER-Repositorien auffindbar gemacht werden.
Wir wünschen uns, dass Bildung nicht an den Grenzen der Institutionen endet und im Sinne des lebenslangen Lernens auch andere Formen des Lernens zukünftig mehr Unterstützung durch Bund und Länder erfahren. Eine Wirkung in die Breite durch Förderung des Aufbaus von nachhaltigen Strukturen wäre hierbei gewinnbringender, als einzelne Projektförderungen. Das veranschlagte Budget, Umfang und Förderdauer sollten hierfür aufgestockt werden.
Die Förderlinie “OERContent.nrw” ermöglicht unserer Einschätzung nach zumindest den Hochschulen einen Vorsprung hinsichtlich des Gelingens zeitgemäßer Bildung, der nun durch abgestimmte Programme und Förderung weiterer Länder und Ministerien aufgeholt werden muss.
Beitragsbild: graphicrecording.cool, Graphic Recording Digital Literacies 46, CC BY-SA 4.0