Das Bündnis Freie Bildung, die Digitale Gesellschaft, Freifunk, die Free Software Foundation Europe, die Open Knowledge Foundation und Wikimedia Deutschland haben sich zur Koalition Freies Wissen zusammengefunden, um anlässlich der bevorstehenden Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 04. September einige Parteien zu befragen. Dabei konnten die Parteien Stellung nehmen zu aktuellen Themen aus den Bereichen Freie Software, Offene Daten, Digitale Bildung und Grundrechte im und Zugang zum Digitalen Raum. Wir haben die Ergebnisse zum Bereich OER zusammengefasst und ein Fazit gezogen.
Wir sind erfreut, dass alle Parteien auf unsere Wahlprüfsteine geantwortet haben. Insgesamt sind die Antworten zur Förderung von Open Educational Resources jedoch recht unpräzise und stellen nur vage oder zurückhaltende Vorhaben in Aussicht. Zusammenfassend formulieren Bündnis 90/ Die Grünen und SPD am ehesten konkrete Ziele.
Bündnis 90/ Die Grünen befürworten das Open-Access-Prinzip und freie Bildungsmaterialien und schlagen eine Karenzzeit zwischen kostenpflichtiger Veröffentlichung und Bereitstellung der Inhalte als OER bzw. als Open-Access-Publikation vor. Sie versuchen sich damit abwägend zwischen Allgemeininteressen und den Interessen kleinerer Bildungsverlage zu positionieren. Die SPD plädiert grundsätzlich für OER, äußert sich jedoch zurückhaltend zur Umsetzung, da zunächst weitere technische, wirtschaftliche und rechtliche Fragen zu klären seien. Die LINKE spricht sich für die Veröffentlichung öffentlich finanzierter Bildungsmaterialien als OER aus. Der hergestellte Zusammenhang zum konkreten Vorhaben des Ausbaus der Breitbandanschlüsse bleibt jedoch diffus. Die CDU argumentiert, trotz vorsichtigen Befürwortens frei zugänglicher Werke, aus der Perspektive der Urheber, die auch weiterhin alleinig über eine Nachnutzung entscheiden können sollen.
Zusammenfassung der Ergebnisse
Bündnis 90/ Die Grünen, Die Linke und die SPD befürworten grundsätzlich die Förderung offener Lehr- und Lernmaterialien und plädieren für die offene Bereitstellung von öffentlich (ko)finanzierten Bildungsmaterialien als OER – Bündnis 90/ Die Grünen schlagen dabei eine Karenzzeit vor. Nur die CDU hebt in ihrer Antwort das bestehende Urheberrecht hervor, nach dem die Entscheidung über die Freigabe von Rechten am Werk nur dem Urheber obliegt. Es werden keine möglichen Optionen oder Überlegungen vorgelegt, die Urheber motivieren könnten, ihre Inhalte freizugeben.
Auf die Frage nach konkreten Zielen in der nächsten Regierungsperiode unterscheiden sich die Positionen der Parteien stärker. Die CDU schließt mit der Hervorhebung des Urheberrechts eine direkte Förderung von Open Education Resources implizit aus. Es wird jedoch begrüßt, wenn Urheber freiwillig ihre Materialien freiverfügbar machen wollen. Mögliche Anreizsysteme werden nicht aufgeführt. Bündnis 90/ Die Grünen nehmen vor allem Bezug auf das Open-Access-Prinzip im Hochschul- und Forschungsbereich und sehen in diesem Kontext auch den Bedarf für den Ausbau technischer Rahmenbedingungen wie bedienungsfreundliche Datenbanken und Plattformen. In der Antwort “Bündnis 90/ Die Grünen treten für eine deutliche Ausweitung des OER-Prinzips ein. Öffentlich finanzierte Studien, Forschungsergebnisse u.ä. sollten kostenlos zugänglich sein” wird allerdings eine Vermischung von OER und Open Access deutlich. Das Bündnis Freie Bildung plädiert dafür, die verwandten Themen OER und Open Access klar zu unterscheiden, da sowohl die beteiligten Interessengruppen als auch die Wege der Inhalteerstellung und der Nachnutzung deutliche Unterschiede aufweisen. Unter Open Educational Resources werden Lern- und Lehrmittel verstanden, deren Inhalte im Sinne eines kooperativen Arbeitens von Lernenden und Lehrenden frei verändert, kombiniert, erweitert oder angepasst werden dürfen. Open-Access-Publikationen sind zunächst nur wissenschaftliche Publikationen, die frei zugänglich sind. Sie können, aber müssen nicht didaktisch aufgearbeitet sein und eine Nachnutzung der Ergebnisse wird nicht als gegeben vorausgesetzt.
Im Bereich Schule erwähnen Bündnis 90/ Die Grünen das digitale Unterrichtshilfenportal MV für Lehrkräfte, halten aber auch den erleichterten Zugang zu freien Lernmaterialien für Schülerinnen und Schüler für notwendig, ohne jedoch hierfür konkrete Schritte zu nennen. Die SPD verweist ebenfalls auf das Unterrichtshilfenportal, dessen kontinuierliche Weiterentwicklung sie vorantreiben möchte. Die Linke sieht hingegen grundsätzlich den Ausbau der Breitbandinternetanschlüsse für Privathaushalte und Bildungseinrichtungen als wesentliche Voraussetzung für den Zugang zu freien Bildungsmaterialien. Inwiefern bei freien Bildungsmaterialien allerdings ein Bandbreitenproblem bestehen soll, wird nicht erklärt.
Das Bündnis Freie Bildung wird kontinuierlich beobachten, welche konkreten Schritte die Parteien in der nächsten Legislaturperiode in Koalitionsvereinbarungen, Gesetzgebungsvorhaben und der Exekutive umsetzen.
Die Fragen und Antworten im Original können hier eingesehen werden.
Alle Wahlprüfsteine der Koalition Freies Wissen sind hier nachzulesen.
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